Künstlerischer Blick auf Technik und Forscher: Kevin Fuchs stellt Fotografien bei BESSY aus
Ein Jahr lang fotografierte Kevin Fuchs am Helmholtz-Zentrum Berlin. Seine Arbeiten sind bis 13.04.2015 zu sehen. Der Künstler im Interview
Kevin Fuchs arbeitet als freier Fotograf in Berlin. Der 31-Jährige gebürtige Schweizer fotografierte ein Jahr lang am Helmholtz-Zentrum Berlin. Die Bilder sind das Abschlussprojekt seines Fotografie-Studiums an der Ostkreuzschule.
Ausstellungsort: Helmholtz-Zentrum Berlin, BESSY, Albert-Einstein-Straße 15, 12489 Berlin;
Öffnungszeiten: 8 bis 18 Uhr; der Eintritt ist frei
Fotoband „My Beamline“
Der Fotoband „My Beamline – eine fotografische Auseinandersetzung mit einem Ort der Forschung“ ist hier erhältlich (Kosten 35 Euro).
Kevin Fuchs im Interview
Alufolie, Edelstahl, Schläuche und viel Improvisiertes sehen wir auf seinen Fotos: Was es damit auf sich hat und warum sich Kevin Fuchs ausgerechtet eine Forschungseinrichtung ausgesucht hat, erzählt er im Interview.
Herr Fuchs, wie sind Sie auf die Idee gekommen, das Helmholtz-Zentrum Berlin für die Abschlussarbeit Ihres Fotografie-Studiums zu wählen?
Ich habe zufällig Fotos von BESSY gesehen, die mich überwältigt haben. Ich fragte mich: Was ist das für ein eigenartiger Ort? Ich war sehr neugierig und habe in der Kommunikationsabteilung angefragt, ob ich BESSY besichtigen könnte. Das HZB stand dem Projekt von Anfang positiv gegenüber und hat mich unterstützt.
Was haben Sie gedacht, als Sie zum ersten Mal BESSY besichtigt haben?
Das war für mich eine absolute Reizüberflutung. Die Halle wirkte auf den ersten Blick chaotisch, aber auch unheimlich futuristisch. Dort herrschte ein einziges Kabelwirrwarr und gleichzeitig schien alles einen tieferen Sinn zu ergeben. Die Menschen, die ich in der Halle zwischen der ganzen Technik wahrgenommen habe, wirkten in ihre Arbeit vertieft und äußerst konzentriert.
Wie lange haben Sie für die Fotografien gebraucht?
Ich war tatsächlich mehrere Monate vor Ort, natürlich nicht an jedem Tag, aber oft mehrmals in der Woche. Ich habe nicht nur die Speicherringhalle von BESSY II fotografiert, sondern auch die Hallen um den Forschungsreaktor. Diese Zeit für das Fotografieren habe ich wirklich gebraucht: Ich habe mich einfach unsichtbar in eine Ecke gestellt, Forscher beobachtet und neue Motive entdeckt. Die Fotos, auf denen Menschen bei der Arbeit zu sehen sind, sind nicht nachgestellt. Ich war einfach im richtigen Moment zur Stelle und habe die Kamera draufgehalten. Dafür braucht man natürlich Zeit, aber auch ein gewisses Zutrauen. Viele Forscher kannten mich nach einer Weile und haben sich durch meine Gegenwart nicht stören lassen.
Wenn man ein halbes Jahr lang fotografiert, entstehen sicherlich unzählige Bilder. Ist Ihnen die Auswahl der Motive schwer gefallen?
Das war tatsächlich eine der schwierigsten Aufgaben. Ich hatte mehr als tausend Aufnahmen zusammen. Es gab also viel Material, das ich nachträglich sichten und bewerten musste. Aber als Fotograf will man ja immer auch eine Geschichte erzählen. So müssen die Motivwahl, aber auch die Farbgebung und die Reihenfolge der Motive ein stimmiges Ensemble bilden. Der Fotoband gibt diese Intension am besten wieder.
Die Portraits rücken stets die individuelle Persönlichkeit in den Mittelpunkt, die Menschen wirken unmittelbar und konzentriert. Wie ist es Ihnen gelungen, so nah an sie heranzukommen?
Auch hier habe ich einfach Zeit mitgebracht. Am Anfang lächeln die Menschen oft wie verrückt in die Kamera. Sie sind angespannt und nervös - und die Mimik spiegelt genau das wider. Aber nach einigen Minuten legt sich das meist. Dann bitte ich die Portraitierten, konzentriert in die Kamera zu schauen. Natürlich gelingt es einigen Menschen leichter sich darauf einzulassen als anderen.
Wie stehen Sie als Fotograf mit künstlerischem Anspruch zur nachträglichen Bildbearbeitung?
Mein Kriterium ist: Ich lasse so viel an nachträglicher Bildbearbeitung zu, wie man früher in der Dunkelkammer bei der Entwicklung von Abzügen machen konnte. Das heißt, ich bearbeite Helligkeit und Kontrast nach. Aber eine grundlegende Veränderung des Bildes, beispielsweise durch ein Neueinfärben, lehne ich eher ab.
Haben Sie schon ein nächstes Projekt in Aussicht?
Ja. Ich werde mit einem Kollegen den Transformationsprozess in polnischen Städten fotografisch dokumentieren. Die Städte in Südpolen beherbergten in der Vergangenheit meist Bergbaustätten, die Städte und Menschen haben einen riesigen Wandel hinter sind. Ich freue mich sehr auf dieses Projekt.
Ist es möglich, mit dieser Art der Fotografie seinen Lebensunterhalt zu verdienen?
Für das Projekt in Polen haben wir glücklicherweise ein Stipendium der Otto-Pfeifer-Stiftung erhalten. Grundsätzlich suche ich auch bei freien Projekten möglichst früh den Kontakt zu Magazinen oder Journalen und spreche über eine mögliche Verwertung der Bilder. Dennoch ist es nicht leicht, als freier Fotograf mit eigenen Projekten durchzukommen. Deshalb nehme ich natürlich auch kommerzielle Aufträge an.
Das Gespräch führte Silvia Zerbe
Zur Person:
Kevin Fuchs wurde 1983 in Zug, Schweiz geboren. Er studierte Journalismus in Zürich und Berlin und arbeitete anschließend für verschiedene Medien und Agenturen. Von 2011 bis 2014 studierte er an der Ostkreuzschule für Fotografie. Kevin Fuchs lebt und arbeitet als freier Fotograf in Berlin.